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Le monument, le labeur et l’hippocampe

Datum:17. Sep. – 15. Nov. 2020
Veranstaltungsorte:
La Kunsthalle, Mulhouse, Frankreich
Werke:
Projekte:
Kataloge:

Der Hippocampus ist ein kleines Organ im Gehirn, das weitgehend einem Seepferdchen ähnelt. Er befindet sich im Temporallappen und ist der Sitz des Langzeitgedächtnisses, oder anders gesagt: des Gedächtnisses des Menschen vom Moment an, da er erinnerungsfähig ist.

Dieses Organ spielt eine zentrale Rolle in der Speicherung des sogenannten expliziten Wissens, das heißt des verbalisierten und kommunizierbaren Wissens. Auch das episodische Gedächtnis ist dort verortet, das es uns ermöglicht, sachliche Informationen und Zusammenhänge zu speichern und gedanklich durch Zeit und Raum zu reisen. Diese Fähigkeit, uns vergangene Zeiten wieder ins Gedächtnis zu rufen, oder uns in eine imaginäre Zukunft zu versetzen, verdanken wir unserem Hippocampus. Er nimmt Ereignisse, Details, Orte, Geräuschkulissen, Gemütszustände auf, die bei bestimmten Signalen oder Ähnlichkeiten wieder hochkommen.

Und was wäre, wenn man davon ausginge, dass nicht nur Menschen, sondern auch Gegenstände einen Hippocampus besäßen? Dann hätte dieses in Fleisch und Stein eingebettete Gedächtnis nicht nur in unseren Projektionen eine wesentliche Rolle zu spielen, sondern würde auch die Bedeutung eines nicht nur mündlich, sondern auch materiell überlieferten Zeugnisses bekräftigen. Dem Gedächtnis zuzugestehen, dass es Zukunft gestalten kann, bedeutet auch, sich bei der Wahl zwischen Überlieferung und Rekonstruktion für die Überlieferung zu entscheiden.
Man könnte die jüngere Geschichte des 20. Jahrhunderts als zeitgenössisch bezeichnen, weil sie im Gedächtnis vieler Menschen noch abrufbar ist. Die Künstler der Ausstellung haben sich lebendige Erinnerungen angehört, sie übertragen oder gefilmt; sie haben sie weitergeführt. Sie sind auf die Suche nach Spuren gegangen, die nicht alle gleichermaßen dem Zahn der Zeit standgehalten haben. Einige Erinnerungen sind daran gewachsen, andere haben sich dabei verdunkelt. Sie alle sind unvollendete Erzählungen.

Das Monument, der Fleiß und der Hippocampus ist als Ausstellung am Beispiel von Mulhouse entstanden. Die jüngste Geschichte der Stadt dient als Vorbild, aber nicht als einziger Bezugspunkt. Was die Stadt aus ihrer Vergangenheit preisgibt, wie sie damit umgeht, gilt auch für andere Städte, für andere Regionen. Sie ist repräsentativ für eine industrielle Geschichte von Bauwerken, Arbeitern und einer bestimmten Vorstellung von Fortschritt, die das Jahrhundert geprägt, aber nicht unbedingt alle ihre Versprechen gehalten hat.

Nach und nach werden die Ereignisse oder Gepflogenheiten einer Epoche zu Fakten oder abgelegten Dokumenten. Man enthüllt sie oder nimmt Einsicht in sie, um eine Geschichte zu schreiben. Diese Geschichte möchten die Künstler der Ausstellung bereichern. Sie haben sich entschieden, sich nicht mit der archivierten Version von Erinnerungen zu begnügen, sondern haben sie reaktiviert, ohne Einschränkungen oder Vorbehalte. Sie haben Worten, Gesten oder Orten wieder neues Leben eingehaucht und sie dabei in ihrer Rolle als Vermittler zwischen einem Vorher und einem Nachher bestärkt.

KünstlerInnen: Véronique Arnold (FR), Hélène Bleys (FR), Irina Botea (RO) et Jon Dean (UK), Tanja Boukal (AT), Igor Grubic (HR), Zhanna Kadyrova (UA)

Kuratiert von Sandrine Wymann

It plays an important role in the storage of explicit knowledge, that which can be articulated through language. It is also the seat of what is known as episodic memory, which allows us to record factual and contextual information, and to travel mentally through time and space.
We owe our ability to remember past events, and to project ourselves into an imaginary future, to our hippocampus. It records events, details, places, sounds and emotional states which can reappear as triggered memories.

What if we assumed that objects, not only humans, had hippocampi? Not only would this memory, buried in bodies and stones, play a major role in our projections, it would also confirm the importance of preserving oral and material testimonies. Recognizing the power of memory to shape the future also means choosing transmission over reconstruction.
One could argue that the not so distant history of the 20th century is called contemporary because it is still present in many people’s memories. The artists in the exhibition have listened to, transcribed or filmed memories that are still vivid; they have also extended them. They have looked for traces which have resisted the passing of time in different ways. Some memories have become greater, others have become darker. All of them are parts of unfinished stories.

The Monument, the Toil and the Hippocampus is an exhibition based on the case of Mulhouse. The recent history of the city provides a model but it is not the only point of reference. What the city reveals from its past, and how it deals with it, is valid for other cities and other regions. It exemplifies an industrial history made up of buildings, workers and a conception of progress which remained dominant for a long time but whose promises were not necessarily fulfilled.

The events and habits of a period gradually become facts and sorted files. They are released and consulted to write a history to which the artists in the exhibition wished to contribute. They have chosen not to limit themselves to the archived versions of the memories, but to reactivate them, with no compromise or prejudice. They have revived words, gestures and places which can bridge the gap between then and now.

Artists: Véronique Arnold (FR), Hélène Bleys (FR), Irina Botea (RO) et Jon Dean (UK), Tanja Boukal (AT), Igor Grubic (HR), Zhanna Kadyrova (UA)

Curated by Sandrine Wymann